Urt. v. 09.01.2024 – 3 Sa 529/23
Etappenweise Betriebsstillegung, Kündigungen und keine Sozialauswahl? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat klargestellt, dass Arbeitgeber auch bei einer etappenweisen Betriebsstilllegung keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit bei der Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter haben. In dem Urteil vom 09.01.2024 entschied das Gericht, dass eine ordnungsgemäße Sozialauswahl zwingend erforderlich ist, wenn Arbeitnehmer weiterhin mit Abwicklungsarbeiten betraut werden sollen. Diese Tätigkeiten müssen grundsätzlich den sozial schutzbedürftigsten Beschäftigten zugewiesen werden.
Hintergrund der Entscheidung war eine Kündigungsschutzklage, bei der das LAG die Kündigung eines Arbeitnehmers für unwirksam erklärte. Diese Unwirksamkeit resultierte jedoch nicht aus möglichen Fehlern in der Massenentlassungsanzeige, da diese Fehler den eigentlichen Zweck der Anzeige nicht beeinträchtigten und nicht dem individuellen Schutz der Arbeitnehmer dienten. Vielmehr lag der Fehler darin, dass der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl die ursprünglichen Tätigkeiten der Arbeitnehmer als Grundlage heranzog, anstatt die tatsächlich noch anfallenden Abwicklungsaufgaben zu berücksichtigen.
Das LAG folgte damit der Auffassung des 6. Senats des Bundesarbeitsgerichts, der im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Veränderung der bisherigen Praxis anstrebt: Fehler im Anzeigeverfahren nach §§ 17 KSchG sollen künftig nicht mehr automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen.
Fazit: Sorgfältige Sozialauswahl ist entscheidend.
Die Entscheidung betont die Bedeutung einer korrekten Sozialauswahl bei schrittweisen Betriebsstilllegungen. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Abwicklungsarbeiten den sozial schutzwürdigsten Mitarbeitern übertragen werden, und die spezifischen Anforderungen der Abwicklungsphase berücksichtigen. Zudem ist auf die ordnungsgemäße Durchführung der Massenentlassungsanzeige gemäß §§ 17 ff. KSchG zu achten, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Autor dieses Beitrags:
RA Christian Michels
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