Was ist arbeitsrechtlich zu beachten?
Die Meldung ging gestern durch alle Medien:
Der geplante Stellenabbau bei der Commerzbank wird allein in Deutschland 10.000 Arbeitsplätze kosten. Das Filialnetz soll deutlich verkleinert und zahlreiche Prozesse automatisiert und digitalisiert werden.
Einen FAZ – Artikel mit weiteren Infos zu den wirtschaftlichen Hintergründen finden Sie hier:
Was der Stellenabbau bei der Commerzbank arbeitsrechtlich bedeutet und wie er wahrscheinlich umgesetzt werden wird, erfahren Sie hier:
Stellenabbau bedeutet nicht gleich Kündigung.
Auch wenn man beim Wort „Stellenabbau“ in erster Linie an betriebsbedingte Kündigungen denkt; es gibt es durchaus weniger drastische und sozialverträglichere Maßnahmen, um den Abbau einer solch immensen Zahl an Jobs zu erreichen. Diese reichen von der Ausnutzung der natürlichen Fluktuation und dem Nicht- Nachbesetzen von Stellen über das Auslaufen befristeter Arbeitsverträge bis hin zu Vorruhestandsregelungen für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch nicht immer reichen diese Maßnahmen aus, so dass andere Instrumente zur Anwendung kommen.
Immer notwendig: Beteiligung des Betriebsrats.
Ein derart groß angelegter Stellenabbau löst Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus, da es sich um eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handelt. So hat der Betriebsrat zunächst ein Beratungsrecht bei den Fragen der konkreten Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung im Wege des Interessenausgleichs und ein darauf aufbauendes Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung eines Sozialplans. Dieser regelt eine Abfindung für diejenigen Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet wird- entweder durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag. Da die Abbaupläne der Commerzbank das gesamte Unternehmen betreffen, wird hierfür aller Voraussicht nach der Gesamtbetriebsrat zuständig sein.
Freiwillige vor!
Ein probates Mittel für die Realisierung von Abbaumaßnahmen dieser Dimension sind sogenannte Freiwilligenprogramme. In der Regel sind diese auf dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit aufgebaut. Das bedeutet: Mitarbeiter können sich bei Interesse zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages melden. Der Arbeitgeber entscheidet dann, wem er einen Aufhebungsvertrag verbunden mit einer Abfindungszahlung anbietet. Einen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hat man als Arbeitnehmer dabei jedoch nicht; ebenso wenig kann der Arbeitgeber jemanden zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zwingen.
Letztes Mittel: Die betriebsbedingte Kündigung.
Gibt es auch nach Ausschöpfung der oben dargestellten Mittel noch zu viele Mitarbeiter, werden wohl betriebsbedingte Kündigungen im Raume stehen. Der Gesamtbetriebsrat und die Gewerkschaften haben schon Widerstand gegen solche Pläne angekündigt. Kündigungen sind für die Commerzbank der riskanteste Weg, da jede betroffene Person eine Kündigungssschutzklage beim Arbeitsgericht erheben kann.
Was passiert dann?
Im Prozess vor dem Arbeitsgericht müsste die Commerzbank darlegen und beweisen, dass der Arbeitsplatz entfallen ist und es keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr im Unternehmen gibt. Zudem würde das Arbeitsgericht prüfen, ob die Commerzbank im Rahmen des Stellenabbaus eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt hat. Gerade ältere Beschäftigte mit entsprechend langer Betriebszugehörigkeit und/oder Beschäftigte mit hohen Unterhaltspflichten sind hier besonders vom Gesetz geschützt. Die Risiken für die Commerzbank sind hier enorm; gerade wenn eine Vielzahl an Klagen anhängig ist, die mitunter über Jahre hinweg von den Arbeitsgerichten verhandelt werden müssen.
Wie verhalte ich mich?
Bei Angebot eines Aufhebungsvertrags sollte man sehr genau prüfen, ob die angebotenen Konditionen stimmen. Hier kann es z.B. zu einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld oder dem Ruhen von Arbeitslosengeldzahlungen nach § 158 SGB III kommen, was sich finanziell spürbar auswirken und die Vorteile der Abfindungszahlung stark minimieren kann.
Nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung bleiben nur 3 Wochen Zeit, um folgende Fragen zu beantworten:
Akzeptiert man die Kündigung und gibt sich mit der Abfindung nach dem Sozialplan zufrieden? Oder erhebt man eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung oder dem Aushandeln einer höheren Abfindungssumme? Der letzte Weg erweist sich oft als probates Mittel: Zu verlieren hat man nichts und die Sozialplanabfindung ist immer „save“. Sie würde im Falle einer Klage vor dem Arbeitsgericht nur erstmal nicht ausgezahlt werden, sondern erst wenn rechtskräftig feststeht, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung auch tatsächlich beendet wurde.
Autor dieses Beitrags:
RA Christian Michels
Ich berate Sie als Fachanwalt für Arbeitsrecht in folgenden Bereichen:
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