Betriebsratsmitglieder kündigen – geht das so einfach oder unkündbar?

Schlichtweg unkündbar – so die weit verbreitete Meinung- sind Betriebsräte keinesfalls. Richtig ist vielmehr, dass sie nur unter erschwerten Bedingungen gekündigt werden können, für sie also ein Sonderkündigungsschutz gilt. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Arbeitnehmervertreter dem Arbeitgeber gegenüber entschlossen auftreten können, ohne dabei unter dem Druck zu stehen, sich möglicherweise unbeliebt zu machen und damit vielleicht sogar ihren Arbeitsplatz zu riskieren.  

Ein aktueller Fall: Amazon vs. Betriebsratschef vor dem Arbeitsgericht. 

Darf Amazon einen Betriebsratsvorsitzenden fristlos entlassen – trotz des besonderen Kündigungsschutzes? Mit dieser Frage hat sich das Arbeitsgericht Lüneburg am 05.04.2023 beschäftigt – und zugunsten des US-Konzerns entschieden.   

Amazon wirft dem Betriebsratsvorsitzenden vor, private Tätigkeiten als Arbeitszeit abgerechnet zu haben. Konkret soll er am Deutschen Betriebsrätetag im November 2022 in Bonn an einem der Tagungstage die Veranstaltung nicht besucht haben und den Tag gleichwohl als Arbeitszeit abgerechnet haben. Daraufhin beantragte Amazon beim Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung wegen des Verdachts des Arbeitszeitbetrugs. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, so dass Amazon vor dem Arbeitsgericht auf Zustimmung klagen musste.  

Das Arbeitsgericht Lüneburg hat nun der fristlosen Entlassung zugestimmt. Der Mann habe eine „schwerwiegende Pflichtverletzung“ begangen, so die Begründung. 

Welchen Kündigungsschutz hat ein Betriebsratsmitglied? 

Betriebsratsmitglieder genießen einen besonderen, gegenüber den allgemeinen Kündigungsschutzregeln nochmals gesteigerten, Schutz vor Kündigungen. 

Er besteht aus zwei Elementen: 

  1. Die ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern istgrundsätzlich ausgeschlossen. Betriebsratsmitglieder können nur außerordentlich gekündigt werden. Hierfür muss ein so schwerwiegender Kündigungsgrund vorliegen, dass die Einhaltung einer Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar ist.  
  2. Vor der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss der Betriebsrat der Kündigung zustimmen. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats ist die Kündigung unwirksam.
  3. Ausnahme: Der Betrieb wird stillgelegt. Dann kann dem Betriebsratsmitglied auch ordentlich und ohne Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden, frühestens jedoch zum Zeitpunkt der Stilllegung des Betriebs. 

Übrigens: Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, muss der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung stellen. 

Der besondere Kündigungsschutz eines Betriebsratsmitglieds greift mit Beginn der Amtszeit ein und endet mit Ablauf der Amtszeit. In bisher betriebsratslosen Betrieben beginnt die Amtszeit des Betriebsrats mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Gibt es bereits einen Betriebsrat, beginnt die Amtszeit des neuen Betriebsrats mit Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrats. Die Amtszeit des Betriebsrats beträgt grundsätzlich vier Jahre.  Doch schon vor der Wahl besteht ein besonderer Kündigungsschutz für Wahlbewerber zur Betriebsratswahl.   

Hat ein Betriebsrat nach Ende der Amtszeit noch Kündigungsschutz? 

Endet die Amtszeit, so endet auch der besonderer Kündigungsschutz. Allerdings besteht für den Zeitraum von einem Jahr ein nachwirkender Kündigungsschutz (§ 15 Abs. 1 KSchG). In diesem Zeitraum ist die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nach wie vor ausgeschlossen. Die vorherige Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung ist aber nicht mehr erforderlich. 

Haben Ersatzmitglieder auch Kündigungsschutz? 

Ersatzmitglieder genießen nur dann den besonderen Kündigungsschutz wie Betriebsratsmitglieder, wenn sie entweder für ein ausgeschiedenes Betriebsratsmitglied dauerhaft in den Betriebsrat nachgerückt sind oder wenn sie ein reguläres Betriebsratsmitglied vorübergehend vertreten. 

Fazit 

  • Betriebsratsmitgliedern kann nicht ordentlich gekündigt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn der Betrieb stillgelegt wird. 
  • Außerordentliche (fristlose) Kündigungen sind möglich, bedürfen aber der Zustimmung des Betriebsrats. Weigert sich der Betriebsrat, kann das Arbeitsgericht die Zustimmung ersetzen. 

 

 

Autor dieses Beitrags:

RA Christian Michels

Anwalt Arbeitsrecht

 

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